Pulverbettbasierte Prozesse
Bei pulverbettbasierten additiven Fertigungsverfahren, zu denen das selektive Laserstrahlschmelzen von Kunststoffen zählt, wird ein pulverförmiger Ausgangswerkstoff unter Energiezufuhr eines Laserstrahls selektiv aufgeschmolzen. Voraussetzung für die Verarbeitung im selektiven Strahlschmelzen ist, dass der Ausgangswerkstoff als feines Pulver mit möglichst definierten Schüttguteigenschaften (z. B. Partikelgröße, -form sowie Schüttdichte) vorliegt. Bislang ist das kommerziell verfügbare Werkstoffspektrum auf wenige teilkristalline Thermoplaste wie z. B. Polyamid 12 (PA 12) und Polyetheretherketon (PEEK) beschränkt.
Durch eine gezielte Modifikation des Ausgangsmaterials durch Zugabe von Füllstoffen und Additiven können Eigenschaften wie z.B. die Wärmeleitfähigkeit aber auch die mechanischen Eigenschaften gesteigert werden. Durch die inhärente Vermeidung von Stützstrukturen bieten pulverbettbasierte Prozesse mannigfaltige geometrische Freiheitsgrade und einen hohes Maß an Funktionsintegration.
Die Forschungsaktivitäten am LKT widmen sich der Aufhebung dieser werkstofflichen Restriktionen, mit dem Ziel neue Anwendungsfelder für additiv gefertigte Bauteile zu schaffen. Im Bereich des selektiven Strahlschmelzens fokussieren sich die Untersuchungen sowohl auf Analyse und Aufbereitung als auch Verarbeitung neuer Kunststoffpulver mit technischer Relevanz. Ein weiteres Augenmerk liegt auf polymerbasierten Mehrphasensystemen wie gefüllten Systemen und Polymerblends zur Herstellung von funktionalisierten Bauteilen.
Die am LKT entwickelte variotherme Prozessführung hingegen verzichtet auf eine Bauraumheizung, sodass die Energieeinbringung alleinig über den Laserstrahl erfolgt. Auf Basis skaleninvarianter, fraktaler Belichtungsstrategien und der mesoskopischen Diskretisierung der Werkstoffschwindung wird die Verarbeitung teilkristalliner Kunststoffe bei Temperaturen unterhalb der Kristallisationstemperatur als auch unterhalb der Glasübergangstemperatur ermöglicht. Diese Vorgehensweise erlaubt auf Grund der zeitlich begrenzten Temperatureinwirkung die Verarbeitung thermomechanisch komplexer, funktionalisierter und hochgefüllter als auch temperaturempfindlicher Werkstoffe. Die Forschungsschwerpunkte des LKT liegen hierbei auf der Untersuchung von Zeit-, Prozess- und Geometrie-Beziehungen sowie der Entwicklung und Qualifizierung neuartiger Materialsysteme.
In diesem Kontext entwickeln wir am LKT hocheffiziente innovative Flammschutzlösungen mit einem entscheidenden Fokus auf Rezyklierbarkeit der SLS-Pulver. Unsere Brandprüfung umfasst neben den gängigen UL-94 und LOI Tests ebenfalls eine Cone-Calorimeter Prüfung, bei welchem die Gasphasenprodukte über eine FTIR-Einheit oder GC-MS analysiert und bezüglich ihrer Toxizität ausgewertet werden können.
Im Zuge dessen beschäftigt sich der LKT mit Strategien zur Integration einer dimensionellen Prüftechnik in den additiven Fertigungsprozess sowie der Korrelation zwischen Prozessparametern und Bauteilgestalt, um Fertigungsdefizite inline korrigieren zu können. Es gilt, qualifizierte Mess- und Prüftechniken sowie Strategien für die inkrementelle In-Line-Inspektion in der additiven Fertigung bereitzustellen. Eine Prozessüberwachung, die letztlich an das jeweilige Fertigungsverfahren angepasst ist und die aktive Korrektur von Qualitätsmängeln ermöglicht, schafft die Grundlagen für eine optimale dynamische und vollautomatisierte Prozessregelung.
Weiterführende Forschungsarbeiten adressieren überdies die Deep Learning-basierte Echtzeitentwicklung von neuen Werkstoffen sowie die chargenspezifische, prozessintegrierte und automatisierte Anpassung der Belichtungsparametrisierung, sodass die Kombination vormals konträrer Bauteileigenschaften ermöglicht wird.
Sonderforschungsbereich 814
- Additive Fertigung
- Homepage: SFB 814
- Transferphase
- Beitrag des LKT: Flammschutz von SLS-Bauteilen (T06), Verbesserung der mechanischen Eigenschaften von PP-Komponenten durch Anpassung der Morphologie (T10)
- Ansprechpartner am LKT: Paul Roumeliotis, M.Sc., Simon Cholewa, M.Sc.
Abteilungsleitung
Samuel Schlicht, M.Sc., M.Sc.
Lehrstuhl für Kunststofftechnik
Additive Fertigung
- Telefon: +49 9131 85-71073
- E-Mail: samuel.schlicht@fau.de