Roth, Benedikt
Prozess- und werkstoffbedingte Verarbeitungsgrenzen thermoplastisch amorpher Dünnwandbauteile
Benedikt Roth
Im Zuge der Miniaturisierung von Kunststoffbauelementen in den stetig wachsenden Anwendungsfeldern Elektronik, Optik und Medizintechnik gewinnt die Mikrofertigungstechnik zunehmend an Bedeutung. Der steigende Bedarf an Bauteilen, wie zum Beispiel Mikrofluidikchips, welche eine oftmals komplex dreidimensionale Oberflächenstrukturierung bei gleichzeitig geringstmöglicher Wandstärke aufweisen müssen, stellt jedoch hohe Anforderungen an den zugrundeliegenden Fertigungsprozess des Spritzgießens. Die Herausforderungen im konventionellen Spritzgießen von Mikro- und Dünnwandbauteilen liegen in einer verringerten Oberflächenabformung oder unzureichender Formfüllung, geringer Dimensionsstabilität und Maßhaltigkeit sowie Verzug und Anisotropie durch Eigenspannungen und Orientierungen.
Der hier vorgestellte Lösungsansatz sieht vor, durch die Kombination eines Spritzprägeprozesses mit einer dynamischen Werkzeugtemperaturführung die Fließfähigkeit der Schmelze zur Abformung von Oberflächenstrukturen weitestgehend aufrecht zu erhalten und über eine homogene Druckverteilung innerhalb der Kavität eine maximale Toleranzgüte bei gleichzeitig reduzierter innerer Anisotropie über die gesamte Bauteillänge sicherzustellen.
Das Ziel dieser Arbeit ist die Erforschung der prozess- und werkstoffbedingten Verarbeitungsgrenzen amorpher Thermoplaste zur Ableitung eines Prozessfensters für die Herstellung dünnwandiger und oberflächenstrukturierter Bauteile im dynamisch temperierten Spritzprägen. Hierzu wird zunächst ein umfangreiches Materialverständnis zum Fließ- und Erstarrungsverhalten eines Polycarbonats auf Basis thermoanalytischer Verfahren geschaffen. Durch die Implementierung der Materialdaten in ein Werkstoffmodell wird der Prozess anschließend numerisch betrachtet. Über gezielte Verarbeitungsversuche unter Variation der Scherung, der Schmelzetemperatur und des Werkzeuginnendrucks werden die Erkenntnisse der Werkstoffcharakterisierung und Prozesssimulation mit den Bauteileigenschaften Abformung, Maßhaltigkeit sowie Eigenspannungen und Orientierungen verknüpft und hieraus eine Prozessstrategie zur Optimierung der Zielgrößen abgeleitet.
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